Hengchun – vom Winde verweht

Unser nächstes Ziel war die Südspitze Taiwans. Im Örtchen Hengchun fanden wir eine vielversprechende Unterkunft, die von einem Schweizer-Taiwanesen-Paar geführt wird. Daher wählten wir Hengchun als Ausgangspunkt für den südlich gelegenen Kenting Nationalpark und nicht das sonst übliche Kenting selbst. Von Tainan her kommend ging es mit dem Zug zurück nach Kaohsiung zur HSR (HighSpeedRail) Station und von dort dann noch für zwei Stunden mit dem sogenannten Kenting Express Bus nach Hengchun. 

Wir trafen eine sehr gute Wahl. Wir wurden herzlich in unserer Unterkunft empfangen und auch sogleich konnten wir mit ihrer Hilfe einen Roller mieten, so dass wir uns in den nächsten Tagen unabhängig im Kenting Nationalpark bewegen konnten. 

Der Kenting Nationalpark ist kein üblicher Nationalpark, was der Name sugerieren würde. Es ist eher ein risieg bewaldetes Naturschutzgebiet, das grösstenteils aber gar nicht zugänglich ist. Ein paar ausgewählte Gebiete gibt es zwar, wo man etwas spazieren kann, jedoch hat dies nichts mit Wandern zu tun. Es gibt aber eine Strasse der Küste entlang, wo man immer wieder an schönen unberührten Küstenabschnitten vorbei kommt. Und da wir mit dem Roller unterwegs waren, konnten wir einfach dort stoppen wo es uns gefiel.

In den Wintermonaten jedoch muss man mit starken Winden rechnen. Dies haben wir auch erst vor Ort erfahren und erlebt. Teilweise kamen unerwartet heftige Windböen aus einer Richtung, so dass man den Rollerlenker schon sehr fest im Griff haben musste. Trotz des zeitweise starken Windes waren die Fahrten der Küste entlang entspannt, da es auch nicht all zu viel Verkehr gibt. Als wir mit dem Roller durch Kenting fuhren, hat sich dann auch nochmals bestätigt, dass Hengchun eine gute Wahl war, denn in Kenting reiht sich Hotel neben Hotel neben Restaurant und alles ist auf den Tourismus ausgerichtet. Für uns waren die Eindrücke eher abschreckend. Daher sind wir schnell wieder weiter entlang der Küste in die Natur hinaus gefahren. 

Unsere Unterkunft, das La Fleur B&B, war genau das richtige um die Weihnachtstage und Lauras Geburtstag zu verbringen. Gleich Ausgangs von Hengchun in Richtung Kenting gelegen, war die Lage des La Fleur B&B auch sehr angenehm. Peter und Cindy führen das Hotel erst seit kurzem und stecken mit Herzblut drin. Peter arbeitet jedoch tagsüber noch in einem anderen Hotel in Kenting, so dass er nur Zeit hat am Morgen das Frühstück zuzubereiten. Normalerweise schmeisst daher Cindy das Hotel mit dem dazugehörigen Restaurant mit ihrem jungen Team zusammen. Die Zimmer sind alle geschmackvoll eingerichtet und sehr sauber. Auch das Essen im italienisch ausgerichteten Restaurant schmeckte uns gut. Sogar Zimtsterne und Mäiländerli gab es passend zur Weihnachtszeit. So war für uns das Zuhause gleich etwas weniger weit weg. Peter hat sein kulinarisches Wissen und Können möglichst gut an die dortigen lokalen Köche weitergeben können. Jetzt braucht es noch etwas Routine bis sich dann alles zu einem Ganzen zusammenfügt. Wir fühlten uns aber total wohl dort und haben die Zeit wirklich sehr genossen. 

Vom südlichsten Punkt machen wir uns auf entlang der Westküste in Richtung Norden nach Meinong. Uns erwartet eine kleinere Stadt im Hinterland mit viel Grün, wo das normale taiwanesische Leben spielt. 

Tainan – lebendig und charmant

Um von Kaohsiung nach Tainan zu gelangen nahmen wir den ‚langsameren‘ Zug und kamen innerhalb von einer Stunde am Bahnhof von Tainan an. Von dort liefen wir knapp 20 Minuten zu unserem Homestay. Anders als in Taipei oder Kaohsiung gibt es hier nämlich keine Metro. 

Tainan wird als ursprünglich älteste Stadt Taiwans betitelt, gegründet Mitte des 17. Jahrhunderts als niederländische Kolonialstadt und war lange die Hauptstadt vor Taipei. Es gibt unzählige kleine Tempel und Shrine sowie Gebäude noch aus der Zeit der Besetzung der Japaner anfang des 20. Jahrhunderts. Das Zentrum ist kompakt und wir konnten die Stadt gut zu Fuss erkunden. Es gibt viele Tagestouristen, die alle Sehenswürdigkeiten abklappern, sich jedoch keine Zeit nehmen etwas länger zu bleiben und die Stadt und ihr Flair zu geniessen. Unserer Meinung nach ist Tainan nämlich ein sehr charmantes Städtchen, was nicht von seinen Sehenswürdikeiten lebt, sondern von der Atmosphäre und den vielen netten und hilfsbereiten Leuten. 

In den vier Tagen hier verbrachten wir viel Zeit in Parks oder Cafés und schlenderten durch die Stadt, wobei die sogenannten Sehenswürdigkeiten eher Nebesache waren. Uns gefiel die entspannte Atmosphäre und die vielen kleinen Gebiete mit ihren winzigen verwinkelten Gassen. Am meisten sind wir mit Taiwaner in Kontakt gekommen, als es darum ging irgendwo etwas zu verstehen, zum Beispiel das Angebot in einem Strassenrestaurant. Denn anders als bisher war hier viel weniger mit Bildern oder auf Englisch illustriert. Und meistens sprachen die Besitzer auch sehr wenig bis kein Englisch. Doch immer war schnell ein Gast gefunden, der aus seinem Stuhl aufsprang und uns kurzerhand weiterhalf. Daraus ergaben sich dann oft noch kurze persönliche Gespräche über das Leben in Taiwan und der Schweiz. 

Auch hier in Tainan probierten wir wieder andere taiwanesische Gerichte. Da Tainan auch an der Küste liegt, gibt es viel Fisch und Meeresfrüchte. Aber auch wieder verschiedenste Baos oder Suppen- und Reisgerichte sind zu finden. Auch ein Nachtmarkt durfte nicht fehlen, da man dort immer wieder neue Entdeckungen machen kann. Der ‚Dadong Nightmarket‘, der nur Montag, Dienstag und Freitag stattfindet war gut besucht. Wir probierten ein Gericht auf einer heissen Steinplatte mit Rind, Spiegelei und Reis. Der beliebte Snack einer Gschwellti aus Süsskartoffel durfte dieses Mal auch nicht fehlen. 

Das Restaurant ‚Timmy‘ war unser kulinarisches Highlight. Eine herzliche jüngere Frau führt dieses mediteran angehauchte kleine Restaurant. Quasi alle Gemüse und Früchte sind selbst angebaut, daher kocht sie immer saisonal. So kamen wir in den Genuss eines etwas anderen Essens, einem Crossover der italienischen und taiwanesischen Küche. Wir bestellten eine geschmorte Schweinehalskeule und eine Tranche frischen Lachs. Wir wussten nicht, dass zuvor noch ein kleiner Salatteller sowie einer Karottensuppe zum Menu gehört. Und auch ein Dessert war inklusive. Es gab aufgeschnittene Banane und Tomaten. Ja, Tomaten werden hier wie anderes Obst gehandhabt :). Alles schmeckte sehr lecker und war eine willkommene Abwechslung für uns! 

Unsere Unterkunft, das ‚Circle Homestay‘, liegt etwa 15 Minuten zu Fuss vom Zentrum entfernt. Die junge Familie führt drei Zimmer in einer Wohnung im Erdgeschoss mit Küche und Aufenthaltsbereich für alle Gäste. Sie selbst wohnen im Obergeschoss. Wir wurden sehr herzlich empfangen und fühlten uns sogleich heimelig. Unser Zimmer war geräumig und sauber und wie die Wohnung mit vielen lustigen Postern und Postkarten dekoriert. Die meiste Zeit waren keine anderen Gäste da, so dass wir die Wohnung für uns alleine hatten :). 

Über die Festtage werden wir nach Hengchun fahren. Die Stadt liegt weit im Süden von Taiwan und ist ein guter Ausgangspunkt für den Kenting Nationalpark.