Tongyeong – Fischers Fritz fischt frische Fische

Von Jeonju aus machten wir uns auf den Weg nach Tongyeong. Da es keinen direkten Bus gibt, war geplant in Jinju umzusteigen. Dort fährt dann sehr regelmässig ein Bus nach Tongyeong. Alles kein Problem also, dachten wir zumindest. Als wir in Jinju ankamen, fiel uns bereits auf, dass irgendetwas nicht stimmte. Es standen sehr viele Busse herum und die ansonsten so geschäftigen Fahrer machten alle gerade Pause. Als wir am Ticketschalter eine Fahrkarte lösen wollten, hiess es einfach ‚No Bus‘! Zuerst dachten wir, der nächste Bus ist wohl bereits voll, doch die Dame am Schalter präzisierte dann: ‚Today, Tomorrow: No Bus!‘ Es stellte sich dann irgendwann heraus, dass die Fahrer am Streiken waren. Nur nach Jeonju und Busan fuhren noch Busse, na super! Schlussendlich war aber alles nicht so tragisch, denn wir konnten uns mit einer Einheimischen ein Taxi teilen und waren dann nach 1 Stunde bereits am Busterminal in Tongyeong. Unsere Mitfahrerin hat sich zudem sehr darüber gefreut, mit zwei Schweizern im Taxi zu sitzen und hat während der Taxifahrt gefühlt all Ihre Freunde per Handy darüber informiert. Die nette Frau hat uns dann vom Busterminal auch gleich mit ihrem Auto zu unserer Unterkunft im Zentrum am Hafen gefahren. Sie war wohl der Meinung, dass es mit dem Citybus zu umständlich sei. 

In Tongyeong übernachteten wir 4 Nächte im ‚Soh Guesthouse‘. Die Unterkunft war ziemlich basic, aber sehr gut gelegen, mit einem kleinen, ruhigen Garten und einem netten Café, wo wir jeden Morgen einen gut gemachten Café Latte bekamen. 

Vom Hafen in Tongyeong kann man mit der Fähre die unterschiedlichsten Inseln in der Umgebung ansteuern. Damit wir uns einen Überblick verschaffen konnten, sind wir daher am Ankunftstag bereits zum Hafen gelaufen und informierten uns über alle Möglichkeiten. Zufällig haben wir dabei Miran kennengelernt. Miran kommt ursprünglich aus Tongyeong, lebt jedoch seit über 30 Jahren in Deutschland und war zu Besuch hier. Sie wollte am nächsten Tag, ihrem Letzten vor dem Rückflug, ebenfalls gerne eine Insel besuchen, jedoch lieber nicht alleine. Kurzerhand haben wir uns also zusammengetan und verabredeten uns für den nächsten Tag. Der gemeinsame Ausflug zur Insel Yeonhawado war dann wirklich toll. Mit Miran hatten wir eine sehr nette Begleitung und eine tolle, persönliche Dolmetscherin. Wir kamen so viel einfacher in Kontakt mit den Leuten, wurden gar zum Mittagessen eingeladen und konnten via Miran über die unterschiedlichsten Themengebiete diskutieren und erfuhren viel über das Alltagsleben der Koreaner. 

An den drauffolgenden Tagen haben wir noch die Insel Bijindo besucht, den Hausberg von Tongyeong ‚Mireuksam‘ bestiegen, waren am Fischmarkt unterwegs, sassen in netten Cafés und schlenderten durch die Gassen des Hafenstädtchens. Wir kamen auch an diesen Tagen immer wieder in Kontakt mit den netten Leuten hier, obwohl die Sprachbarriere teilweise sehr gross war. Wir wurden beispielsweise während der Wanderung auf der Insel Bijindo von einer Gruppe Nonnen zum Picnic-Mittagessen eingeladen oder bekamen auf dem Heimweg mit der Fähre Mandarinen, Bananen oder eine Coke von den Leuten geschenkt. Es waren jedenfalls sehr erlebnisreiche und total spannende Tage für uns.

Kulinarisch gesehen gibt es in der Fischerstadt Tongyeong, wenig überraschend, vorallem Fisch zu essen. Durch einen super Restauranttipp von Andreas haben wir dann auch unter anderem eine leckere Fischsuppe und ausgezeichnetes Sushi gegessen. Tongyeong ist auch bekannt für ‚chungmu gimbap‘. Tintenfisch und Kohlrabi in einer scharfen Sauce eingelegt und Reis, im Noriblätter eingewickelt, als Beilage. Das gut haltbare Essen wurde früher oft den Fischern als Verpflegung mit auf die See gegeben. Heute gibt es unzählige Restaurants, die sich darauf spezialisiert haben. Eine letzte Spezialtät die man erwähnen kann, nennt sich ‚gul bang‘, in Honig getunkte Brotbällchen mit unterschiedlichen Füllungen, zum Beispiel Azuki Bohnen oder Süsskartoffel. Sehr Lecker aber auch sehr süss.

Nach Tongyeong gehts nun weiter nach Busan. Die zweitgrösste Stadt Südkoreas liegt an der Küste ganz im Südosten des Landes und ist von Tongyeong in etwa 2 Stunden erreichbar. 

Jeonju – märchenhaft

Unsere Anreise nach Jeonju verlief einmal mehr reibunglos. Von Danyang nahmen wir zuerst den Bus nach Wonju, stiegen dort in einen Direktbus zum Busterminal in Jeonju um und nahmen zum Schluss noch einen Citybus ins Zentrum. Die Langstreckenbusse in Korea sind wirklich super: pünktlich, komfortabel und günstig! 

In Jeonju übernachteten wir im ‚Hello Jeje Guesthouse‘. Eine sehr schöne Unterkunft mit nur wenigen geschmackvoll eingerichteten Zimmern. Wir hatten Glück und wurden upgegradet, so kamen wir in den Genuss eines noch etwas komfortableren Zimmers.

Das Hanokdorf mit den traditionellen Häusern, den Tempeln, der Jeondong Kathedrale und vielem mehr, ist sehr sehenswert und wirklich schön, aber das eigentliche Highlight sind die Koreaner selbst. Jeonju ist ein sehr beliebtes Tagesausflugsziel. Es ist daher am frühen Morgen und am Abend eher ruhig, dafür ist tagsüber wirklich viel los. Die Leute mieten sich traditionelle Kleider, Segways oder E-Scooter oder Sonnenschirme oder einfach alles zusammen und erkunden so das traditionelle Dorf, Unterhaltung pur! 

Da wir nach einem Tag im Zentrum bereits durch fast alle Gassen und Strässchen gelaufen sind und uns der ganze Zirkus dann doch ein bisschen viel wurde, nahmen wir am nächsten Tag den Bus und fuhren ins Studentenviertel von Jeonju. Obwohl wir nirgends etwas über dieses Viertel gelesen hatten, fanden wir diesen Teil der Stadt sehr schön. Wir genossen die Ruhe im Deokjin Park, beobachteten Kindergartenklassen beim Spielen, schlenderten durch das Gelände der Universität und besuchten die coolen Cafés und Künstlershops. 
Zufällig sind wir dann noch an das ‚World Slowness Forum‘ herangelaufen und ein wenig hängengeblieben, da ein sehr spannendes Themengebiet behandelt und durch die ausländischen Gäste englisch gesprochen wurde. Slowness ist ein Trend, welcher sich als Gegenbewegung zur schnelllebigen Gesellschaft am Entwickeln ist. In Europa vielerorts bereits bekannt, ist der Trend in Südkorea noch nicht ganz angekommen. In der koreanischen Kultur muss alles immer sehr schnell gehen, sei es in der Stadt mit dem Verkehr, im Ausland beim Reisen oder im Restaurant beim Essen. Man wird sich jedoch immer mehr bewusst, dass schneller, höher und grösser nicht immer auch besser ist! 

SLOW heisst nicht nur langsam sondern bedeutet auch: 

S – Sustainable (nachhaltig), L – Local (regional), O – Organic (ökologisch/biologisch), W – Whole (nicht weiter verarbeitet)

Slowness gibt es in den unterschiedlichsten Gebieten: Slow Food, Slow City, Slow Fashion, Slow Travel und so weiter. Beim Slow Travel beispielsweise geht es darum, nicht nur von einem Top Highlight zum nächsten zu hüpfen, sondern sich Zeit zu nehmen für Land und Leute. So reist man bewusster, hat Zeit die fremden Eindrücke aufzunehmen, ist nicht gestresst und belastet die Umwelt weniger. Schlussendlich also nachhaltiger für uns und die Umwelt!

Jeonju war ein netter Abstecher in eine etwas andere Welt. Für uns geht es nun weiter an die Küste im Süden Koreas, nach Tongyeong. Das Küstenstädtchen gilt als guter Ausgangsort, um die unzähligen Inseln in der Umgebung zu erkunden.